FERRAN ADRIÀ: KULINARISCHE ALCHEMIE OHNE GRENZEN

Ferran Adrià wurde vom TIME Magazine zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt gezählt und hat bereits Ehrentitel von verschiedenen Universitäten auf der ganzen Welt erhalten. Er hat die moderne Szene der gehobenen Küche mit seiner revolutionären gastronomischen Philosophie, die ganzheitliche Sinneserfahrungen von Mahlzeiten in den Mittelpunkt von allem stellt, drastisch verändert. Das betrifft nicht nur den Geschmack, sondern auch das Erscheinungsbild, die Aromen, Konsistenzen, Düfte und sogar Klänge. Tatsächlich verdankt er einen Großteil seiner Berühmtheit seinem Konzept der „avantgardistischen Küche“, die innovative wissenschaftliche und technische Prinzipien in die Vorbereitung und Präsentation seiner Kreationen integriert. Trotz seiner radikalen Experimente hat Adrià jedoch immer betont, dass Kreativität auf einem soliden Verständnis grundlegender Techniken und traditioneller kulinarischer Fähigkeiten aufgebaut werden muss.

Sein elBullirestaurante war eine legendäre Einrichtung, die viele internationale Auszeichnungen sowie drei Michelin-Sterne erhalten hat. Adrià führte Schaum, Gelees, Emulsionen und andere innovative Techniken sowie ungewöhnliche Zutaten und Hilfsmittel ein, wobei Konsistenzen, Temperaturen und Beschaffenheiten kombiniert werden, um einzigartige und überraschende Erlebnisse zu schaffen und sein Team zu ermutigen, kreativ zu denken und Konventionen herauszufordern. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms schloss das elBullirestaurante im Jahr 2011 seine Türen, als die elBullifoundation gegründet wurde. Tatsächlich erklärte Ferran: „Cerramos elBulli para abrir elBulli“ (Wir schließen das elBulli, um das elBulli zu eröffnen).  Sein Erbe wird bis zum heutigen Tag von den vielen Köchen, die dort ausgebildet wurden, und dem immensen Einfluss auf die Welt der Haute Cuisine fortgeführt. Eine Einladung, innovativ zu denken und die Grenzen der kulinarischen Künste zu überschreiten.

Zusätzlich zum Èspesso wurden viele weitere Dinge in einem unaufhaltsamen Erguss von Ideen und Erfahrungen erfunden: „Coffeesphere“, „Kaffee-Kaviar“, „Cappuccino Lio“, „Cappuccino Nitro“ und „Passion>me“. Das Erlebnis, diese Produkte zu probieren, interpretiert das italienische Espressoritual auf unerwartete Weise neu, während alle Sinne angesprochen werden: Ganz klar gehört der Geschmackssinn dazu, aber man sieht, riecht, hört und fühlt zugleich.

Beispielsweise hatte Ferran Adrià die Idee für einen alkoholfreien Cocktail: „Passion>me“. Ferran Adrià ließ sich von den Containern inspirieren, die in einigen Fast-Food-Einrichtungen zum Mischen von Salaten verwendet werden, um Kaffee mit einem unerwarteten Element zu mischen. Nach einigen Experimenten kamen das Lavazza-Team und Adrià zu dem Schluss, dass das Mischen von Passionsfrucht mit Eis, frischer Minze und stark gesüßtem Espresso ein Getränk ergibt, das überrascht und zugleich richtig lecker ist. „Coffeesphere“ hingegen entsteht durch die Sphärifikation von Kaffee. Für diese Technik leistete die Ferran Adrià Pionierarbeit. Der Prozess basiert auf der chemischen Reaktion zwischen Alginat, einem Geliermittel aus Algen, und Calciumchlorid, das in Wasser verdünnt wird. Als Ergebnis entsteht spontan ein dünner Film, der im Mund zerbricht und seinen Inhalt offenbart. Der Inhalt wird mit Lavazza Qualità Oro Kaffee in einer Mokkakanne zubereitet. 

„Kaffee-Kaviar“ greift auf den gleichen Prozess, der für von „Coffeesphere“ verwendet wird, zurück. In dieser Kreation kommen kleine Mengen einer auf Kaffee und Alginat basierenden Verbindung in Kontakt mit verdünntem Calciumchlorid, um zahlreiche kleine Perlen zu kreieren, die an Kaviar erinnern und einen überraschenden Geschmack haben. Dann gibt es noch „Cappuccino Lio“, einen Biskuit, der weder Mehl noch Ei enthält. Dieses getrocknete Gericht entsteht durch die Gefriertrocknung von Schaum aus den folgenden Zutaten: Kaffee, Sahne, Zucker und Gelatine. Es wird in einen Gefriertrockner gelegt, wo es zuerst auf –40 °C gefroren wird, bevor die Flüssigkeit komplett in einem Vakuum sublimiert wird. Diese Methode erzeugt eine feste und zugleich schaumige Konsistenz, die leicht und besonders krümelig ist.

Man kann nicht nur mit Hitze, sondern auch mit Kälte kochen. Der Beweis dafür ist der „Cappuccino Nitro“, der in flüssigem Stickstoff bei –196 °C „gekocht“ wird. Das Ergebnis ist eine extrem knusprige, eisige Meringue mit einem cremigen Kern auf Raumtemperatur. Eine Art Mi-cuit mit Cappuccino-Geschmack, das mit höchst innovativen Techniken erzielt wird.

Die Reise, die der Koch zusammen mit Lavazza unternommen hat, führte ihn dazu, die Grenzen der Forschung zu erweitern. Er ging sogar bis zu dem Punkt, an dem Kaffee in die Methodik „Sapiens“ inkludiert wurde: ein Prozess der ganzheitlichen Analyse, die Informationen zu einem bestimmten Studienthema zusammenträgt und das Wissen gemäß historischer, gesellschaftspolitischer und soziokultureller Aspekte organisiert. Im Jahr 2018 wurde Coffee Sapiens: Innovation Through Understanding , das von Ferran Adrià, der elBullifoundation und Lavazza herausgegeben wurde, in Zusammenarbeit mit der Pollenzo University of Gastronomic Sciences veröffentlicht. Dieser Band ist Teil der Reihe Bullipedia, einem Projekt der elBullifoundation, die zum Ziel hat, eine Enzyklopädie der westlichen Gastronomieszene auf einer formatübergreifenden Plattform zu veröffentlichen.

In Lavazzas Nuvola Unternehmenszentrale in Turin wurde fast zeitgleich mit der Zentrale das Condividere eröffnet. Es ist nicht nur ein Restaurant, sondern auch ein Lebensstil. Ferran Adrià ist die Inspiration und der wesentliche Gestalter hinter diesem Projekt, das auch den Einfluss des Oscar-prämierten Bühnen- und Kostümbildners Dante Ferretti aufweist. In einer ungezwungenen, traumhaften Atmosphäre gehen die Haute Cuisine und ein kreatives Ambiente Hand in Hand und werden zu einem Instrument, um Geschichten, Erfahrungen und Wissen zu teilen. Hier kann gute Gesellschaft bei einzigartigen Gerichten genossen werden.

Die Essens-Philosophie im Condividere wartet darauf, entdeckt zu werden. Mit Wurzeln, die bis in die Geschichte alter Zivilisationen reichen, werden hier Türen zu neuen Arten geöffnet, moderne Haute Cuisine zu genießen. Prachtvoll, majestätisch und dennoch persönlich wird diese Geschichte jedes Mal neu aufgebaut und erfunden. All dies führte den Koch Federico Zanasi auf unentdeckte Wege, für die er im Jahr 2019 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde.

Die Reihe Bullipedia bereichert weiterhin die Entdeckungsreise in die Welt des Kaffees mit der Sapiens-Methode und wurde 2021 um eine Ausgabe zu italienischem Frühstück erweitert. Das Buch veranschaulicht die unendlich vielen Möglichkeiten, die dieses Ritual des Übergangs vom Schlaf zum Wachsein bietet, und Ferran Adrià erinnert uns daran, dass von all unseren Mahlzeiten das Frühstück die ist, in der wir in der Routine Zuflucht finden und am wenigsten wahrscheinlich neue Experimente wagen. Diese Herausforderung wurde vom Team der elBullifoundation, von Lavazza und der Pollenzo University of Gastronomic Sciences begeistert angenommen und führte zu interessanten Resultaten für alle Fachkräfte im Bereich Gastronomie und Frühstück.

Die komplette Geschichte und alle Materialien in Zusammenhang mit den 1846 Rezepten, die Ferran Adrià in seinen Jahren gastronomischer Kreativität erfunden hat, werden im elBulli1846 ausgestellt. Der Ausstellungsbereich und das Labor sind dem Studium, der Forschung und dem Experimentieren gewidmet, um ein grundlegendes Verständnis für „auf Innovation angewandte Effizienz“ zu erhalten. Das Museum lädt Besucher dazu ein, darüber nachzudenken, wie das elBulli-Team kulinarische Sprache nutzte, um die Grenzen des gastronomischen Experimentierens zu erkunden und somit dazu beizutragen, Restaurantgeschichte zu schreiben. Ein Besuch hier bietet eine Möglichkeit für eine weitere Kaffeeverkostung: Cocoa Reloaded der 1895 Kaffee-Maestros von Lavazza ist eine Specialty-Mischung brasilianischer, kolumbianischer und indischer Kaffees mit einem Hauch von Schokolade und Noten von Zimt und Orangenmarmelade. Direkt hier in der gleichen Bucht der Costa Brava, innerhalb der Mauern des historischen Gebäudes, in dem sich einst das elBullirestaurante befand, werden nun die Meilensteine der Geschichte von elBulli in einer Ausstellung entlang eines Pfades – teilweise unter freiem Himmel – geteilt, wo Betrachtungen der kulinarischen Revolution von Ferran Adrià und seinen Mitarbeitern geteilt werden können: eine Hommage an die „Bullinianos“, die diesen Traum wahr gemacht haben und dies noch immer tun.